Die IT-Branche verändert sich rasant – Technologien entwickeln sich weiter, neue Programmiersprachen entstehen, Cloud-Plattformen verdrängen klassische Infrastrukturen, und die Nachfrage nach qualifizierten Fachkräften steigt stetig. Inmitten dieser Dynamik stellt sich vielen IT-Fachkräften eine entscheidende Frage: Was zählt bei der Jobsuche mehr – Zertifikate oder praktische Skills?
In diesem Artikel beleuchten wir beide Seiten dieser Debatte und zeigen, warum der Schlüssel in der richtigen Kombination liegt. Zudem geben wir einen Ausblick, wie Bewerber*innen ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt realistisch einschätzen und gezielt verbessern können.

Der Wert von Zertifikaten in der IT
Zertifikate sind strukturierte Nachweise über erworbene Kenntnisse und Fähigkeiten – meist von bekannten Anbietern wie Microsoft, AWS, Cisco, SAP, Oracle oder CompTIA. Sie dienen vor allem drei Zwecken:
a) Standardisierung von Wissen
Zertifikate zeigen, dass eine Person sich mit bestimmten Technologien intensiv auseinandergesetzt und standardisierte Inhalte gelernt hat. Besonders für Unternehmen mit Compliance- oder Auditpflichten (z. B. im Finanz- oder Gesundheitswesen) sind zertifizierte Mitarbeitende oft ein Muss.
b) Türöffner für bestimmte Positionen
Einige Arbeitgeber setzen Zertifikate als formales Einstellungskriterium voraus. Das gilt insbesondere im Bereich Netzwerke, Sicherheit und Cloud. Beispiele:
- Cisco CCNA/CCNP für Netzwerktechnik
- AWS Certified Solutions Architect für Cloud-Rollen
- Microsoft Certified: Azure Administrator für Infrastrukturprojekte
c) Signalwirkung im Bewerbungsprozess
Zertifikate dienen als sichtbares Zeichen von Eigeninitiative, Lernbereitschaft und Engagement – Eigenschaften, die Personalentscheider positiv bewerten. Gerade bei Bewerber*innen mit weniger Berufserfahrung können Zertifikate Lücken ausgleichen und Interesse wecken.
Grenzen von Zertifikaten in der IT ohne Berufserfahrung
Trotz ihres Werts haben Zertifikate eine klare Einschränkung: Ohne praktische Erfahrung reicht ein Zertifikat in der Regel nicht aus, um direkt in einer Fachrolle Fuß zu fassen.
Gerade Berufseinsteigerinnen und Quereinsteigerinnen unterschätzen manchmal, dass eine theoretische Qualifikation noch kein Ersatz für echte Projekterfahrung ist. Ein „Certified XYZ“ auf dem Papier beweist, dass man gelernt hat – aber nicht, wie man mit unvorhergesehenen Situationen im Arbeitsalltag umgeht.
Trainee-Programme als Brücke zur Praxis
Hier setzen viele Beratungshäuser gezielt an: Sie bieten strukturierte Trainee-Programme an, in denen Zertifizierungen mit praktischer Projektarbeit kombiniert werden. Gerade für Quereinsteiger sind diese Programme eine ideale Möglichkeit, Fuß in der IT zu fassen und gleichzeitig relevante Berufserfahrung zu sammeln. Innerhalb von 6–12 Monaten lernen die Teilnehmenden nicht nur Tools und Technologien, sondern auch Methoden, Kundenschnittstellen und Projektabläufe kennen.
👉 Tipp: Wir haben dem Thema „Traineeprogramme für Quereinsteiger“ mit Fokus auf das SAP-Umfeld einen eigenen Blogartikel gewidmet, in dem wir erläutern, wie solche Programme aufgebaut sind und worauf es bei der Bewerbung ankommt.
Die Relevanz praktischer Skills und Erfahrung
Berufserfahrung, Projektpraxis und Problemlösungskompetenz sind in der IT oft der entscheidende Erfolgsfaktor – insbesondere in dynamischen und komplexen Umgebungen.
a) Realitätsnahe Problemlösung
Wer schon einmal produktiv mit einem komplexen ERP-System gearbeitet oder einen Migrationsprozess begleitet hat, bringt eine andere Tiefe an Know-how mit als jemand, der nur die Theorie kennt. Unternehmen schätzen Fachkräfte, die „hands-on“ arbeiten und mitdenken.
b) Anpassungsfähigkeit in agilen Teams
IT-Projekte verlaufen selten geradlinig. Anforderungen ändern sich, Schnittstellen verhalten sich anders als geplant, der Zeitdruck steigt. In solchen Situationen zeigt sich, wer wirklich belastbar ist, übergreifend denken kann und pragmatisch Lösungen findet – Fähigkeiten, die sich nicht zertifizieren lassen, aber im Alltag Gold wert sind.
c) Soft Skills und Kommunikationsfähigkeit
Skills beschränken sich nicht nur auf Technik. Wer erfolgreich mit internen Kunden kommuniziert, Anforderungen sauber erfasst oder Entwicklung und Betrieb verbindet (DevOps), ist für viele Rollen unersetzlich. Diese „weichen“ Faktoren werden mit wachsender Seniorität immer wichtiger – und fehlen in klassischen Zertifikatsprogrammen häufig.
Was sagen Arbeitgeber? Ein Blick auf den Markt
Studien und Praxisberichte zeigen, dass der Trend klar ist: Unternehmen suchen nach Fähigkeiten, nicht nur nach Zertifikaten.
Eine Umfrage von Global Knowledge (jetzt Skillsoft) aus dem Jahr 2023 ergab:
- 81 % der IT-Manager gaben an, dass praktische Erfahrung für sie wichtiger sei als Zertifikate.
- 67 % betrachten Zertifizierungen jedoch als sinnvolle Ergänzung, vor allem zur Validierung bestimmter Kompetenzen.
- Am höchsten bewertet werden Fähigkeiten in Cloud-Technologien, IT-Sicherheit, DevOps, Automatisierung und Datenanalyse – Bereiche, in denen sowohl praktische Erfahrung als auch fundiertes Wissen nötig sind.
Auch in Vorstellungsgesprächen beobachten wir bei KA Resources immer häufiger: Statt ausschließlich auf Zeugnisse oder Zertifikate zu achten, gehen Unternehmen zunehmend dazu über, praktische Aufgaben, Fallstudien oder „Technical Deep Dives“ einzusetzen. Wer hier souverän auftritt, hat oft die besten Chancen – unabhängig von formalen Qualifikationen.
Wann sind Zertifikate in der IT besonders sinnvoll?
Trotz der hohen Relevanz praktischer Skills gibt es Situationen, in denen Zertifikate klare Vorteile bringen:
- Berufseinstieg oder Quereinstieg: Wer noch keine relevante Berufserfahrung mitbringt, kann durch Zertifikate erste Kompetenzbereiche glaubwürdig nachweisen – vor allem, wenn sie mit praktischen Programmen wie Traineeships kombiniert werden.
- Technologie-Switch: Ein erfahrener Entwickler, der von Java zu Python oder von On-Premise zu Azure wechseln möchte, kann den Umstieg mit gezielten Zertifikaten strategisch vorbereiten.
- Karriere in regulierten Branchen: Banken, Versicherungen oder öffentliche Auftraggeber verlangen oft formale Nachweise für bestimmte Rollen.
- Positionierung als Experte: Wer sich als spezialisierter Berater oder Freelancer am Markt etablieren möchte, profitiert von Zertifizierungen als Marketinginstrument und Vertrauensvorschuss.
Wann wiegen Skills mehr?
In vielen etablierten Berufsbildern – z. B. als Softwareentwicklerin, Systemadministratorin, Data Scientist oder IT-Projektleiter*in – zählt vor allem eins: Was haben Sie gemacht, wo, mit welchen Tools, und mit welchem Ergebnis?
Besonders wertvoll ist:
- Erfahrung mit konkreten Tools und Architekturen: Wer Kubernetes-Cluster produktiv betreut hat oder SAP S/4HANA erfolgreich eingeführt hat, punktet automatisch.
- Verständnis für Geschäftsprozesse: Technisches Können alleine reicht nicht. Wer versteht, wie IT-Lösungen den Geschäftserfolg unterstützen, wird zur Schnittstelle mit echtem Mehrwert.
- Dokumentierte Projekterfolge: Case Studies, GitHub-Repositories oder Beiträge in Fachforen unterstreichen die eigene Expertise besser als ein einzelnes Zertifikat.
Das Beste aus beiden Welten: Kombination ist König
Am Ende ist es kein „Entweder-oder“, sondern ein „Sowohl-als-auch“. Die besten Chancen haben Bewerber*innen, die sowohl belastbare Praxiserfahrung als auch punktuell anerkannte Zertifizierungen vorweisen können.
Beispiel:
Ein Cloud Engineer mit 3 Jahren Azure-Erfahrung und einem offiziellen Microsoft-Zertifikat zur Architektur ist sowohl praktisch erprobt als auch theoretisch auf dem neuesten Stand – und hebt sich damit deutlich ab.
Unser Tipp: Zertifikate gezielt einsetzen:
- Wählen Sie Zertifikate mit hoher Relevanz für Ihre Zielrolle.
- Setzen Sie Schwerpunkte, statt jeden Kurs mitzumachen.
- Nutzen Sie Zertifizierungen als Ergänzung, nicht als Ersatz für Praxis.
Wie Sie Ihre IT-Karriere strategisch entwickeln
Ob Sie als Junior starten, sich umorientieren oder den nächsten Karriereschritt als Senior oder Architekt machen – es lohnt sich, die eigenen Kompetenzen regelmäßig zu reflektieren:
- Welche Skills habe ich aufgebaut – und wie belege ich sie?
- Welche Technologien gewinnen an Bedeutung in meinem Bereich?
- Welche Zertifikate könnten meine Erfahrung sinnvoll ergänzen?
- Wo gibt es Lücken, die ich durch Praxis oder Weiterbildung schließen kann?
- Gibt es Trainee-Programme, mit denen ich Einstieg oder Umstieg aktiv gestalten kann?
Fazit: Skills sind das Fundament, Zertifikate die Verstärkung
In der IT-Welt zählen am Ende die Fähigkeiten, die messbaren Mehrwert schaffen – sei es durch sauberen Code, stabile Infrastruktur oder intelligente Datenanalyse. Zertifikate können Türen öffnen, Orientierung geben und das Profil schärfen – ersetzen aber keine praktische Erfahrung.
Wer seine Kompetenzen kennt, gezielt weiterentwickelt und sowohl Theorie als auch Praxis vereint, ist auf dem Arbeitsmarkt hervorragend aufgestellt. Besonders Quereinsteiger profitieren von strukturierten Einstiegsprogrammen – oft in Verbindung mit Zertifizierungen – um fundiert in die Praxis einzusteigen.
Wir unterstützen Sie gerne
Als spezialisierte Personalvermittlung im IT-Bereich unterstützt KA Resources seit über 12 Jahren Bewerberinnen und Bewerber dabei, den nächsten passenden Karriereschritt zu machen – ob mit Zertifikat, Praxiserfahrung oder beidem. Wir kennen die Anforderungen unserer Kunden aus dem DACH-Raum genau und bringen Sie mit Unternehmen zusammen, die zu Ihrem Profil passen.
Nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf und wir finden gemeinsam Ihre nächste berufliche Herausforderung – persönlich, professionell und individuell abgestimmt.