Burnout am Arbeitsplatz – Ein Tabuthema?

Depressionen und Burnout am Arbeitsplatz gehören zu den größten psychischen Erkrankungen, die Unternehmen heute belasten. Ob junges Start-up oder Traditionsunternehmen, diese Krankheiten durchziehen die gesamte Wirtschaft und Gesellschaft. Der Leistungsdruck fordert seinen Tribut, und viele Arbeitnehmer erkennen, dass sie nur bedingt performen können. Das Firmenhandy lässt Arbeit und Privatleben miteinander verschmelzen, und neue E-Mails oder Benachrichtigungen aus dem Gruppenchat sind rund um die Uhr präsent. Unternehmen locken mit Work-Life-Balance und Homeoffice-Möglichkeiten, doch oft tauscht der Arbeitnehmer seine Freizeit gegen diese vermeintlichen Vorzüge ein.

Dieser Druck kann zu ernsthaften psychischen Erkrankungen führen. Die AOK zählte im Jahr 2005 einen Arbeitsunfähigkeitsfall ja 1.000 Mitglieder aufgrund einer Burnout-Diagnose,  2022 durchschnittlich 6,8.  Auch die Anzahl der Krankentage erhöhte sich in diesem Zeitraum drastisch. 2005 waren es noch 13,9 Krankheitstage, 2022 durchschnittlich 159,8 AU-Tage je 1.000 Mitglieder (Quelle: Statistica).

Burnout am Arbeitsplatz

Wirtschaftliche Auswirkungen für Unternehmen

Die wirtschaftlichen Auswirkungen von Krankheitsausfällen sind erheblich. Nehmen wir an, ein Angestellter verdient 80.000 Euro im Jahr. Dies entspricht einem Bruttolohn von 353,98 Euro pro Tag. Inklusive Lohnnebenkosten und Erträgen ergibt sich ein Wert von 636,96 Euro pro Tag. Bei einem sechs Wochen langen Ausfall belaufen sich die Kosten auf 19.108,80 Euro.

Jahresgehalt: 80.000 €

Arbeitstage: 226

Bruttolohn pro Tag: 353,98 €

Faktor für Lohnnebenkosten und entgangene Erträge: 1,8*

Produktiver Ertrag/Verlust pro Tag: 636,96 €

Ausfallkosten für 30 Tage: 19.108,80 €

* Für eine diese Berechnung nehmen wir folgende Faktoren an: Lohnnebenkosten: 30% des Bruttogehalts + Produktiver Ertrag/Verlust: 150% des Bruttogehalts = 1,8

Warnsignale für Burnout am Arbeitsplatz: Erkennen und Handeln

Ein Burnout ist eine ernstzunehmende psychische Erkrankung, die erhebliche Auswirkungen auf das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit der Betroffenen haben kann. Sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber müssen in der Lage sein, die Warnsignale frühzeitig zu erkennen, um rechtzeitig Maßnahmen ergreifen zu können. Hier sind einige Anzeichen, die darauf hindeuten können, dass jemand von Burnout betroffen ist.

Woran Betroffene selbst einen Burnout erkennen können:

1. Chronische Erschöpfung: Ständige Müdigkeit, sowohl körperlich als auch emotional, die auch durch ausreichenden Schlaf nicht besser wird.

2. Zynismus und Distanzierung: Ein Gefühl der Entfremdung von der Arbeit und den Kollegen, oft begleitet von negativen, zynischen Einstellungen.

3. Leistungsabfall: Schwierigkeiten, einfache Aufgaben zu bewältigen, Konzentrationsprobleme und ein genereller Rückgang der Produktivität.

4. Körperliche Symptome: Kopfschmerzen, Magen-Darm-Probleme, häufige Erkältungen oder andere körperliche Beschwerden ohne klare medizinische Ursache.

5. Gefühl der Ineffektivität: Das Gefühl, nichts mehr bewirken zu können, auch wenn viel Arbeit geleistet wird, und ständige Selbstzweifel.

6. Reizbarkeit und unübliches Verhalten: Übermäßige Reizbarkeit, plötzliche Stimmungsschwankungen und Verhaltensweisen, die nicht zu der Person passen.

Woran Kollegen einen Burnout bei anderen erkennen können:

1. Veränderungen im Verhalten: Rückzug aus sozialen Interaktionen, gereiztes Verhalten oder auffällige Stimmungsschwankungen.

2. Vermehrte Abwesenheiten: Häufige Krankmeldungen oder das Verlassen des Arbeitsplatzes wegen gesundheitlicher Probleme.

3. Leistungsabfall: Kollegen bemerken, dass die Person häufiger Fehler macht, langsamer arbeitet oder Aufgaben nicht mehr in der gewohnten Qualität erledigt.

4. Mangelnde Motivation: Ein Kollege, der früher engagiert war, zeigt plötzlich Desinteresse und mangelnde Initiative.

5. Offensichtliche Erschöpfung: Der betroffene Kollege wirkt ständig müde und überfordert, selbst nach kurzen Pausen.

6. Reizbarkeit und unübliches Verhalten: Der Kollege reagiert unverhältnismäßig gereizt auf Kleinigkeiten oder zeigt Verhaltensweisen, die nicht zu seiner normalen Art passen.

Stiller Burnout am Arbeitsplatz: Die unsichtbare Gefahr

Ein stiller Burnout am Arbeitsplatz ist besonders gefährlich, da er oft lange unbemerkt bleibt. Betroffene leiden still und vermeiden es, ihre Probleme offen anzusprechen. Sie funktionieren nach außen hin normal, während sie innerlich ausgelaugt sind. Die Anzeichen eines stillen Burnouts sind subtiler als bei einem klassischen Burnout, aber nicht weniger ernst.

Anzeichen eines stillen Burnouts:

  1. Perfektionismus: Betroffene setzen sich selbst unter extremen Druck, um perfekte Ergebnisse zu liefern, und haben Schwierigkeiten, Fehler zu akzeptieren.
  2. Unauffälliges Verhalten: Anders als bei einem klassischen Burnout ziehen sich Betroffene nicht zurück, sondern bleiben aktiv und engagiert, um ihre Erschöpfung zu verbergen.
  3. Innere Leere: Trotz äußerem Engagement fühlen sich Betroffene innerlich leer und emotional ausgelaugt.
  4. Isolation: Auch wenn sie körperlich präsent sind, fühlen sich Betroffene emotional isoliert und unverstanden.
  5. Überkompensation: Betroffene versuchen, ihre Erschöpfung zu überkompensieren, indem sie noch härter arbeiten und noch mehr Verantwortung übernehmen.

Vertrauen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer

In Medien wird oft thematisiert, was der Arbeitnehmer dem Chef sagen kann und was nicht. Die Berichterstattung ist häufig einseitig und stellt Arbeitgeber oft als potenzielle Feinde dar, die nur darauf warten, Mitarbeiter zu entlassen. Diese Darstellungen tragen zur Stigmatisierung psychischer Erkrankungen bei und helfen weder Arbeitnehmern noch Arbeitgebern. Stattdessen sollten Unternehmen und Arbeitnehmer gemeinsam an einem offenen Umgang mit psychischen Erkrankungen arbeiten.

Psychische Störungen wie z.B. ein Burnout am Arbeitsplatz und Depressionen sind ernstzunehmende Krankheiten, die die Wirtschaft schädigen und Karrieren beenden können. Jeder kann betroffen sein, unabhängig von Alter oder Beruf. Der offene Umgang mit diesen Krankheiten ist entscheidend, um Vorurteile abzubauen. Betroffene sollten aktiv zu ihren Symptomen stehen und ihr Umfeld aufklären.

Menschlichkeit gegen Burnout am Arbeitsplatz

Unternehmen erkennen oft nicht die Chance, die in einem offenen und menschlichen Umgang mit psychischen Erkrankungen liegt. Der „War for Talent“ ist Alltag in den Personalabteilungen, und die Kosten für das Recruiting explodieren. HR-Blogs sprechen von Employer/Employee Branding und New Work, doch die Chance zur Menschlichkeit bleibt oft ungenutzt.

Experten raten von einem „Outing“ ab, und Betroffene fürchten Stigmatisierung. Doch wenn Unternehmen progressiv vorgehen und ihren Arbeitnehmern die Angst vor Vorurteilen und Kündigungen nehmen, können sie eine bedeutend bessere Beziehung zu ihren Angestellten aufbauen. Offener Umgang und Vertrauen führen zu einer höheren Mitarbeiterloyalität und können die Kosten für Krankheitsausfälle senken. Eine offene und menschliche Haltung wirkt sich positiv auf das Employer Branding aus, was wiederum die Rekrutierung neuer Mitarbeiter erleichtert.

Maßnahmen gegen Burnout am Arbeitsplatz

1. Offene Kommunikation und Vertrauensbildung

Arbeitgeber sollten eine Kultur der offenen Kommunikation fördern. Dies beginnt bei der Führungsebene, die psychische Gesundheit als wichtiges Thema anerkennen und offen darüber sprechen sollte. Workshops und Schulungen können Führungskräfte und Mitarbeiter sensibilisieren und ermutigen, offen über ihre Probleme zu sprechen.

2. Angebot von betrieblichen Gesundheitsprogrammen

Betriebliche Gesundheitsprogramme, die psychologische Unterstützung beinhalten, sind ein wertvolles Instrument. Arbeitgeber können beispielsweise externe Beratungsdienste anbieten, die anonym und kostenfrei genutzt werden können. Auch regelmäßige Workshops zu Stressbewältigung und Resilienztraining können hilfreich sein.

3. Flexible Arbeitszeiten und Homeoffice-Optionen

Flexibilität bei Arbeitszeiten und die Möglichkeit, von zu Hause aus zu arbeiten, können den Stress reduzieren und eine bessere Work-Life-Balance ermöglichen. Arbeitgeber sollten sicherstellen, dass diese Angebote nicht nur auf dem Papier existieren, sondern tatsächlich genutzt werden können, ohne negative Konsequenzen für die Mitarbeiter.

 4. Schaffung einer unterstützenden Arbeitsumgebung

Ein positives Arbeitsklima, in dem sich Mitarbeiter unterstützt und wertgeschätzt fühlen, kann die psychische Gesundheit fördern. Teambuilding-Aktivitäten, regelmäßige Feedbackgespräche und Anerkennung für geleistete Arbeit tragen dazu bei, dass sich Mitarbeiter wohl und sicher fühlen.

5. Einführung von Sabbatical-Programmen

Sabbaticals bieten Mitarbeitern die Möglichkeit, eine längere Auszeit zu nehmen, um sich zu erholen und neue Energie zu tanken. Dies kann besonders bei Mitarbeitern, die langfristig unter hohem Druck stehen, präventiv wirken. Eine andere Möglichkeit, positiv auf die Psyche der Mitarbeiter einzuwirken, kann beispielsweise die Möglichkeit von (Co-)Workation sein – eine Verbindung von Arbeit und Urlaub an einem touristisch attraktiven Ort für einige Tage oder Wochen, entweder alleine oder zusammen mit Kollegen

6. Förderung einer gesunden Work-Life-Balance

Arbeitgeber sollten aktiv darauf achten, dass die Work-Life-Balance ihrer Mitarbeiter im Gleichgewicht bleibt. Dies kann durch klare Trennung von Arbeits- und Freizeit, beispielsweise durch Abschalten von Arbeits-E-Mails nach Feierabend, unterstützt werden.

Der Nutzen einer Sensibilisierung für alle Beteiligten

Für Arbeitgeber bedeutet ein offener Umgang mit psychischen Erkrankungen, dass Mitarbeiter sich wohler fühlen und Ausfallzeiten reduziert werden können. Dies führt zu geringeren Kosten und einer besseren Arbeitsatmosphäre. Für Arbeitnehmer bedeutet es, dass sie sich sicher und unterstützt fühlen, was ihre Loyalität und Produktivität steigert. Ein Unternehmen, das sich offen und menschlich zeigt, zieht auch externe Kandidaten an, die diese Werte schätzen.

Durch klare Kommunikation und einfühlsames Management können Unternehmen nicht nur den Benefit der menschlichen Nähe erzielen, sondern auch langfristig ihre Wettbewerbsfähigkeit stärken. Mitarbeiterloyalität und ein positives Arbeitsumfeld sind in der heutigen Zeit unschätzbare Werte, die nur durch Vertrauen und Offenheit erreicht werden können.

Raus aus dem Hamsterrad? Finden Sie Ihren neuen Arbeitsplatz hier!

Weitere interessante Themen für Sie: